Bedarf es einer CO2 Steuer ?
Meines Erachtens ist es weniger die Frage, ob wir eine CO2-Steuer brauchen, als vielmehr wie diese ausgestaltet wird. Für mich ist es unstrittig, dass wir dringend etwas tun müssen, um unsere Klimaziele erreichen zu können. Den Ansatz, Dinge mit einem negativen Impact auf das Klima mit einer Steuer zu belegen, halte ich für ein adäquates wirtschaftliches Instrument. So sehen es auch die Wirtschaftsweisen und empfehlen eine CO2-Steuer, insbesondere als Übergangslösung zu einem einheitlichen EU-weiten Emissionszertifikate-Handel. Diesen gibt es bisher nur für einzelne Sektoren. Der Sektor mit dem größten Einfluss auf den Klimawandel, die Landwirtschaft, ist bisher nicht dabei.
Interessant ist also, wie eine CO2-Abgabe in Deutschland funktionieren könnte. In Schweden gibt es diese Steuer bereits – und funktioniert. Sie ist gesellschaftlich akzeptiert. Das hat zwei entscheidende Gründe: 1. Sie wurde schrittweise eingeführt. Die Bürgerinnen und Bürger wussten, was auf sie zukommt, und konnten sich sukzessive anpassen. 2. Die CO2-Steuer wurde im Rahmen einer umfassenden Steuerreform eingeführt, welche an anderer Stelle Entlastungen brachte.
Nun hat jede Region und jedes Land selbstverständlich seine eigene Ausganglage und man kann nicht 1:1 vergleichen. In Schweden sind die Einwohner durch lange, dunkle Winter bereits im Vorfeld stärker für nachhaltigen Ressourcenumgang sensibilisiert. Im fast schon ressourcenverwöhnten Deutschland mit einem sehr hohen Aufkommen an fossilen Energieträgern und der sehr viel dichteren Besiedlung ist diese Verbindung zur Natur in der Vergangenheit zu einem großen Teil verloren gegangen.
Ideal wäre eine europäische Lösung, um wirtschaftliche Abwanderung einzudämmen. Aber seien wir mal ehrlich: Wir können nicht länger warten. Eine Einigung aller Mitgliedstaaten ist in dieser Angelegenheit nicht in Sicht. Auch bisher gilt bei Steuer- und Finanzpolitik der jeweilige nationale Gusto, was gerne dazu führt, dass Unternehmen ihre Produktionen in die osteuropäischen Länder oder ihre Firmensitze in Steueroasen wie Luxemburg oder Irland verlegen.
In Zeiten einer voranschreitenden Spaltung der EU-Staaten, lohnt es sich, auch mal alleine mutig voran zu schreiten. Mit der Ausrede, die anderen würden ja auch nichts tun, kommen wir nicht weiter. Denn wenn keiner anfängt, passiert weiterhin gar nichts. Deutschland ist berühmt geworden als das Land der Dichter und Denker und der Innovationen. In den letzten Jahren hat es sich wohl eher als das des Aussitzens und Abwartens hervorgetan.
Die CO2-Steuer hilft uns, den richtigen Weg zu beschreiten. Dabei darf sie aber keinesfalls als Allheilmittel verstanden werden. Das Klima wird von sehr vielen Faktoren beeinflusst. Der menschliche CO2-Ausstoß ist einer davon. Also brauchen wir eine Reihe von Maßnahmen, um die Lage zum Besseren zu verändern. Wir dürfen nicht dem Irrglauben erliegen, eine CO2-Abgabe und Elektroautos allein würden uns aus der Krise manövrieren. Sinnvoll ist meiner Ansicht nach, den Emissionszertifikate-Handel und die Begrenzung der erlaubten Gesamtemission auszuweiten: Industrie, Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr. Alle Sektoren müssen teilnehmen.
Gleichzeitig müssen die Rahmenbedingungen geändert werden: Fehlgeleitete Subventionen müssen eingestellt, Auflagen verschärft werden. Nachhaltige Landwirtschaft muss auf der einen Seite belohnt werden, auf der anderen bedarf es bei der Nutztierhaltung deutlich strengerer Standards.
Eine CO2-Steuer auf Konsumgüter mit negativer Auswirkung auf das Klima ist ebenfalls sinnvoll. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist es äußerst schwierig, oft ist die Klimabilanz eines Produktes überhaupt nicht ersichtlich. Daher müssen umweltschädliche Güter teuer sein, umweltfreundlichere Alternativen günstig.
Insgesamt ist es essentiell, dass Alternativen und Anreize geschaffen werden. Während also z.B. Benzin teurer wird, muss der ÖPNV besser ausgebaut und günstiger werden. Flugreisen sind zur Discount-Massenware verkommen. Diese können durch eine Kerosin-Besteuerung oder eine erhöhte Luftverkehrsabgabe in der Wahrnehmung zu dem werden, was sie eigentlich sind: Luxusgüter. Die zusätzlichen Einnahmen müssen dann in die zügige Aufwertung des Schienenverkehrs fließen.
Die Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht geschröpft werden. Weiterhin gilt in Deutschland das System der sozialen Marktwirtschaft. Es gibt bereits viele Instrumente, um sozialen Ausgleich zu betreiben. Diese müssen jedoch angepasst und ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang halte ich wenig von einer Erstattung der finanziellen Belastung in Form von einer einmaligen monetären Auszahlung. Für wichtiger erachte ich die bestehenden Sozialleistungen dahingehend zu modifizieren, z.B. die Regelsätze von Wohngeld, Bafög und Arbeitslosengeld zu erhöhen. Den Zugang zu diesen Leistungen zu vereinfachen und zu entstigmatisieren. Finanzielle Anreize für den Umstieg von fossilen Energieträgern auf erneuerbare müssen geschaffen werden.
Und um unsere Ziele zu erreichen, bedarf es Anstrengungen von allen Seiten: Jeder von uns muss seinen eigenen Lebenswandel reflektieren. Es gibt sehr viele Ansatzpunkte, um mit wenig Einsatz viel zu erreichen: Öfter mal das Fahrrad für den Arbeitsweg nutzen oder Fahrgemeinschaften bilden, regional und saisonal einkaufen, Fleischkonsum reduzieren, zu einem Ökostromanbieter wechseln…
Gleichzeitig muss die Politik sich ihrer Verantwortung bewusst sein und faire Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeit im großen Stil schaffen. Innovationen fördern und sich weniger von Lobbyisten beeinflussen lassen.
Wir müssen alle gemeinsam an einem Strang ziehen, dann ist es vielleicht möglich die globale Erwärmung in einem Maße zu begrenzen, das unseren Enkelkindern ein erfülltes und gesundes Leben auf diesem Planeten ermöglicht.