Abschaffung von Atomwaffen – abrüsten statt wettrüsten!

Im vorigen Beitrag zum Thema atomare Waffen haben wir die aktuelle Bedeutung des Bündnisses „Mayors for Peace" hervorgehoben. In diesem Beitrag geht es um eine kurze Einordung der Thematik in den kommunalen und bundesweiten Kontext.[i]

Bild: Juso Landesverband Rheinland-Pfalz

Der Antrag wurde in der Ratsversammlung vom 18. Juni 2019 durch die SPD-Rathausfraktion eingebracht. Der Fraktionsvorsitzende Volker Andresen stellte den Antrag vor und führte unter anderem aus, dass die Bewegung „Mayors for Peace“ nach den Atombombenabwürfen in Nagasaki und Hiroshima. Durch den Beitritt bekennt sich eine Stadt durch ihren „Mayor“ [ (Ober-)Bürgermeister*in oder Stadtpräsident*in] gegen den Einsatz von Atomwaffen. Also ein Zeichen gegen menschenverachtende und massenvernichtende Mächte und Waffen – wie wir finden ein sehr wichtiges und richtiges Zeichen in Zeiten, wo die militärischen Großmächte USA und Russland den INF-Vertrag aufkündigen.[ii]

In der Debatte der Ratsversammlung zum Tagesordnungspunkt 10.03 äußerten sich nicht nur die SPD[iii]:

Auch die Stadtpräsidentin äußerte sich und führte aus, dass sie persönlich das Ziel befürworten würde, menschenverachtende Waffen (atomare, chemische und biologische) zu verbieten. „Ihre“ CDU-Fraktion konnte dem Antrag leider nicht folgen, daher nahm Sie nicht an der Abstimmung teil.

Auf Nachfrage des Grünen Fraktionsvorsitzenden meldete sich auch der Oberbürgermeister, Dr. Olaf Tauras (CDU), zu Wort. Nach seinem persönlichen Empfinden – auch als Reserveoffizier – gehören zur „kollektiven Sicherheit“ Mächte, Armeen und Waffen, die ausdrücklich Atomwaffen nicht ausschließen. Atomwaffen sind aus seiner Sicht das „Gleichgewicht des Schreckens“; man würde ohne sie nie auskommen. Das Ziel der Initiative sei unerreichbar führte er aus. Gleichwohl würde er dem Wunsch eines Antrags nachkommen, als „Mayor“ benannt zu werden, wenn es die Ratsversammlung beschließt. Dazu ist er ohnehin verpflichtet. Die Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins schriebt vor, dass die Verwaltung Beschlüsse der Gemeindevertretungen (hier Ratsversammlung) umzusetzen hat.

Im Antrag der SPD-Fraktion wurde die Stadtpräsidentin benannt, was aus unserer jugendpolitischen Sichtweise aufgrund der Wortmeldungen in der Ratsversammlung auch folgerichtig ist.

Da der Herr Oberbürgermeister die Atomwaffen als Teil der „kollektiven Sicherheit“ versteht, haben wir uns schlau gemacht, was dieser Begriff überhaupt bedeutet.

In unserm Grundgesetz der BRD steht Artikel 24 Absatz 2 folgendes: Der Bund kann sich „zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen“. Der Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages hat dazu im Jahr 2009 einen ausführlichen Aufsatz geschrieben.[iv]Er beschreibt die „kollektiven Sicherheit“ im NATO Bündnis. Das Wort „Atomwaffen“ oder verwandte Bezeichnungen werden in Kontext der dort beschriebenen Perspektive der „kollektiven Sicherheit“ nicht erwähnt. Auch die Ausführungen im Grundgesetz kennen keinen Bezug.

Wir stellen also fest, aus Sicht einiger Quellen besteht diese Verbindung im Kontext der deutschen/europäischen Sicherheitsagenda nicht zwingend. Wir stellen auch fest, dass in unserm letzten Beitrag beschrieben wurde, warum der INF-Vertrag einst geschlossen wurde. Auch die heutige Wichtigkeit zur Forderung der Abschaffung von Atomwaffen wurde bereits beschrieben.[v]

Es ist aus unser Sicht vollkommen unverständlich, wie der Neumünsteraner Oberbürgermeister sich negativ zu einer solchen Initiative stellen kann. Er kann es als Reserveoffizier mit seiner Ansicht zur „kollektiven Sicherheit“ als sicherheitspolitisch interessierte Person in die dafür geschaffenen Plattformen einbringen. Als Oberbürgermeister sollte man ein solches Zeichen für Frieden und eine Welt ohne Atomwaffen unterstützen und kein militärwissenschaftliches Kurzreferat halten, welches wichtige Aspekte außenvorlässt.

Das historische Ziel von Schmidt und seinen damaligen Weggefährten, den „Global Zero“ zu erreichen, ist mit der Aufkündigung des INF Vertrags vorerst in unerreichbare Ferne gerückt.[vi]

Trotzdem oder gerade deswegen bleibt das Ziel des „Global Zero“ – die Vernichtung aller Atomwaffen – ein elementares für Frieden, Menschlichkeit und Sicherheit in der Welt. Wir sind der festen Überzeugung, dass der Einsatz gegen atomare, chemische und biologische Waffen richtig und wichtig bleibt.

  • Friedenspolitische Maßnahmen, statt nationale Drohungen
  • Gemeinsam verhandeln, statt gegenseitig bekämpfen
  • Sicherheit statt Unsicherheit
  • Abrüsten statt wettrüsten

Beitrag von Paul Weber, Juso-Kreisvorsitzender.

 

Hinweise und weitere Beiträge zum Thema:

[i]kommunal = Stadt und Ratsversammlung / bundesweit = vor allem Bundesregierung und Bundestag

[ii]INF-Vertrag: INF Vertrag endet. Mayors for Peace mit brisanter Aktualität! https://www.spd-neumuenster.de/2019/08/04/inf-mayorsforpeace/

[iii]Videoaufnahme der Ratsversammlung: https://vimeo.com/344069272

[iv]Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages. Die NATO als System kollektiver Sicherheit? – Grundlagen und Positionen zu ihrer Weiterentwicklung. Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 009/09 Abschluss der Arbeit: 27. Februar 2009. Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und Humanitäre Hilfe: https://www.bundestag.de/resource/blob/414694/3067fef03edaca3c888a1eefa3dd59ed/wd-2-009-09-pdf-data.pdf

[v]INF-Vertrag: INF Vertrag endet. Mayors for Peace mit brisanter Aktualität! https://www.spd-neumuenster.de/2019/08/04/inf-mayorsforpeace/

[vi]Fünf vor acht / Helmut Schmidt. Von den Atomwaffengegnern verkannt. Eine Kolumne von Theo Sommer auf Zeit-Online: https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/helmut-schmidt-inf-vertrag-abruestung-atomwaffen-wettruesten

 

INF Vertrag endet. Mayors for Peace mit brisanter Aktualität!