Tobias Bergmann: Vorstellung auf der Kreiswahlkonferenz der SPD-Neumünster

Vorstellungsrede am Donnerstag, 01.10.2020 in der Holstenhalle 3. Es gilt das gesprochene Wort.

Bild: Carsten Wiegmann

Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

liebe Freundinnen und Freunde,

liebe Gäste,

es ist mir eine große Ehre, dass der Kreisvorstand der SPD mich heute als Oberbürgermeisterkandidaten für Neumünster vorschlägt.

Es ist mir eine Ehre, weil die SPD Neumünster ihre Kandidaten gerade für dieses Amt, das Amt des Oberbürgermeisters, sehr sorgfältig auswählt. Ich habe in den letzten Wochen Euch in den Ortsvereinen besucht und mit Euch, den Mitgliedern der SPD Neumünster, gesprochen. Ich habe den Eindruck, dass jede und jeder von Euch, der diese Entscheidung heute fällt, sich sorgfältig darauf vorbereitet.

Ich fand die Diskussionen mit Euch außergewöhnlich. Ihr habt nie mit mir parteitaktisch diskutiert. Für Euch stand eine Frage im Mittelpunkt: Wäre ich der richtige Oberbürgermeister für Neumünster? Diese Diskussionen waren geprägt von einer tiefen Verbundenheit mit unserer Stadt, einer Verbundenheit mit den einzelnen Stadtteilen und den Menschen Neumünsters. Ich habe gespürt: Für Euch ist eines in erster Linie wichtig: Neumünster braucht den richtigen Oberbürgermeister.

Ich habe Euch von meiner Herkunft berichtet, meiner Leidenschaft für Kommunalpolitik und Kommunalverwaltungen, meiner Qualifikation als Volkswirt, Unternehmer und Modernisierer öffentlicher Verwaltungen. Ich habe Euch berichtet, wie ich die verkrusteten Strukturen der Handelskammer Hamburg aufgebrochen habe, wie ich daraus eine modernere, demokratischere und sparsamere Organisation geformt habe. Und auch welche Lehren ich aus dieser Zeit gezogen habe.

Ich habe Euch berichtet, welche Verbundenheit ich zu Neumünster habe. Eine Verbundenheit, die meine Frau Nasanin in mir geweckt hat. Eine Verbundenheit, die mit jedem Besuch hier, mit jedem Gespräch, mit jeder Fahrradtour weiter steigt. Und ich muss Euch heute gestehen. Ich will die Wahl auch deshalb nächstes Jahr gewinnen, weil wir – Nasanin und ich in Neumünster leben und arbeiten wollen.

Ich habe mit euch gesprochen, welche politischen Ziele ein Oberbürgermeister anpacken soll. Und ich habe nicht nur mit Euch darüber gesprochen, ich habe darüber in den letzten Wochen auch mit Neumünsteranerinnen und Neumünsteranern gesprochen, die nicht in der SPD sind, meine Liste von Themen wurde nach diesen Gesprächen von Mal zu Mal länger. So lang, dass Gerd-M. Achterberg mir nach meinem Besuch im OV Gadeland die Rückmeldung gab: Tobias Deine Rede war gut – aber zu lang.

Ich könnte Stunden Themen aufzählen, die Neumünster anpacken muss. Oder ich würde mich auf einzelne Themen konzentrieren. Nenne maximal fünf Themen ist so eine typische Regel.

Ja, natürlich könnte ich unter dem Eindruck von der Karstadt-Schließung schnell antworten: Innenstadtentwicklung ist ein zentrales Thema. Ja, das ist es auch. Wir müssen eine Antwort geben, wie wir das Zentrum von Neumünster neu erfinden. Aber wenn ich dann auf dem Wochenmarkt in Tungendorf stehe und gefragt werde: Ist denn die Nahversorgung in Tungendorf nicht wichtig? – Wie soll sich der Helmut-Loose-Platz entwickeln? Dann sind das für die Menschen in Tungendorf wichtige Fragen. Ja, auch diese Antworten müssen wir geben.

Wenn ich mit Yaren und den Jusos diskutiere: Wie machen wir für junge Menschen Neumünster attraktiv? Dann müssen wir auf diese Frage Antworten finden. Und wenn ich mit Hans Georg Stanull und dem Sozialverband diskutiere, welche Probleme bei deren Beratungen deutlich werden, die Mutter, die sich sorgt, ob der Krippenplatz, der Platz in der Kita und im Hort auch da ist, wenn sie ihn braucht, Wenn Holger Hammerich berichtet, wie Neumünster seniorengerecht werden kann, dann sind auch das Aufgaben des künftigen Oberbürgermeisters. Arno Jahner hat mir als Beauftragter für Menschen mit Behinderung geschildert, was wir machen müssen, um unsere Stadt barrierefrei zu bekommen, mit Hasan habe ich über Integration gesprochen. Wenn Monika Schmidt berichtet von den Orten in der Stadt, an denen sich Menschen nicht sicher fühlen. Wenn Kurt Feldmann-Jäger über die großen Hürden auf dem Weg in die Mobilität der Zukunft berichtet – und auch diese Aufgaben müssen wir anpacken.

Liebe Genossinnen, liebe Genossen – ich lege mich nicht auf die fünf politischen Ziele fest. Aber ich lege mich auf ein Amtsverständnis fest: „Die ganze Stadt im Blick“.

So beschreibt der erste Bürgermeister Hamburg Peter Tschentscher – auch ein Sozialdemokrat – sein Amtsverständnis. Das ist die Haltung, die ich als Oberbürgermeister einnehmen möchte: „Neumünster als Ganzes im Blick“. Das bedeutet für mich die Sorgen, Nöte und Ideen von allen Neumünsteranerinnen und Neumünsteranern aufzunehmen, die Interessen aller Vereine und Verbände zu hören und mit diesem Wissen Entscheidungen zu treffen, die immer Neumünster als Ganzes im Blick haben. Und das bedeutet auch mit der Wirtschaft, dem Handwerk, dem Handel im Gespräch zu sein, denn ein nachhaltig attraktiver Wirtschaftsstandort gehört dazu, wenn ich als Oberbürgermeister ganz Neumünster im Blick habe.

Neumünster als Ganzes um Blick – das bedeutet auch die Stadt in der Region, die Rolle in der Kielregion, Teil der Metropolregion sein. „Ganz Neumünster im Blick“ bedeutet eben auch über den Tellerrand zu schauen.

Die Neumünsteranerinnen und Neumünsteraner wählen im Mai nächsten Jahres einen Oberbürgermeister oder eine Oberbürgermeisterin. Deshalb ist es notwendig, bevor ein Kandidat vorschnell antwortet, was er oder sie denn alles machen würde, sich bewusst zu sein, welche Aufgabe ein Oberbürgermeister hat.
Die Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins legt die Aufgaben fest:

Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister – (In Neumünster ist es eine Oberbürgermeisterin oder ein Oberbürgermeister) – leitet die Verwaltung der Gemeinde (mit Gemeinde meinen die Juristen die Kreisfreie Stadt Neumünster) in eigener Zuständigkeit nach den Zielen und Grundsätzen der Gemeindevertretung – (das ist hier die Ratsversammlung) – und im Rahmen der von ihr bereitgestellten Mittel.

Der Oberbürgermeister leitet die Verwaltung, die Neumünsteranerinnen und Neumünsteraner wählen also mit dem Oberbürgermeister den Chef der Verwaltung.

Ich habe in meinem zwanzigjährigen beruflichen Leben zwei Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern geleitet. Und ich habe in meiner Arbeit als Berater von Kommunen und Verbänden viele, viele Verwaltungen kennengelernt, meistens Kommunalverwaltungen wie hier in Neumünster. Ich kenne Rathäuser von Flensburg bis Traunstein, von Frankfurt an der Oder bis Mönchengladbach. Ich kenne sie nicht nur von außen, architektonisch. Ich kenne den Maschinenraum. Ich kenne Bauverwaltungen, Jugendämter, Ordnungsämter und KFZ-Zulassungsstellen. Gerade gestern habe ich mir die Serverräume eines Berliner Bezirks angeschaut und über die notwendigen Investitionen in Digitalisierung verhandelt.

Wenn ich in dieser Zeit eines gelernt habe, dann dieses: In Verwaltungen arbeiten in der Regel engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Menschen, die wie wir alle einen guten Job machen wollen. Ich habe aber auch gelernt, dass Rahmenbedingungen und Strukturen es diesen Menschen oft unglaublich schwer machen, ihre Aufgabe zum Wohle der Allgemeinheit zu erfüllen.

Und was ich auch immer wieder erleben musste: Oberbürgermeister oder Landräte haben ihre Aufgabe, die Verwaltung zu leiten, in vielen Fällen nur unzureichend erfüllt. Es reicht nicht, eine Verwaltung zu verwalten – die Aufgabe eines Oberbürgermeisters ist es, die Verwaltung zu gestalten und zu leiten. Diese Aufgabe werde ich annehmen und mich nicht hinter vermeintlichen Sachzwängen wegducken.

Wenn ich eines sicher erreichen will, gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, gemeinsam mit der Personalvertretung, dann ist es das: Ich will, dass Neumünster eine moderne und leistungsfähige Verwaltung hat.

Dazu muss die Stadt eine der besten Arbeitgeber und Ausbilder in Neumünster werden. Dazu muss sich die Verwaltung an Ergebnissen und nicht an Akten messen lassen. Dazu müssen wir die Potentiale der Digitalisierung nutzen. Und dazu brauchen wir gute Strukturen und klare Prozesse. Und für diese Aufgabe hat eine Person die Verantwortung: Der Oberbürgermeister.

So, Achtung, jetzt kommt Teil 2 der Rolle des Oberbürgermeisters. Neumünster wählt nämlich keinen König oder keinen Präsidenten.
Er leitet die Verwaltung „nach den Zielen und Grundsätzen der Ratsversammlung“.

Ganz konkret bedeutet das: Die Ratsversammlung hat den Klimanotstand ausgerufen. Sie hat das Ziel ausgegeben 2035 klimaneutral zu sein. So und jetzt ist es nicht Aufgabe des Oberbürgermeisters sich zurückzulehnen und zu sagen „ich bin skeptisch“ oder nur Beifall zu klatschen und zu betonen „Das will ich auch“. Nein, es ist die Aufgabe des Oberbürgermeisters einen Plan vorzulegen, wie dieses ambitionierte Ziel erreicht werden kann. Und diese Ziele können wir nur erreichen, weil wir starke Beteiligungen wie die Stadtwerke in Neumünster haben.

Es reicht nicht mehr über Klimaschutz zu Reden – ein Oberbürgermeister muss ihn umsetzen

Es reicht nicht über sozialen Wohnungsbau zu Reden – ein Oberbürgermeister muss ihn in die Wege leiten.

Es reicht nicht über Sicherheit zu reden, ein Oberbürgermeister muss seinen Beitrag dazu leisten, dass Neumünster sicherer wird.

Und wir, Politik und Verwaltung, müssen unseren Entscheidungsfindungsprozess, unsere Art Politik zu machen verbessern. Und das heißt für mich in allererster Linie. Wir dürfen nicht mehr nur Entscheidungen für die Menschen fällen, wir müssen die Entscheidungen mit den Menschen fällen.

Hier sollten wir erst einmal unsere Hausaufgaben machen und die Gremien, die wir heute schon haben, ernsthaft beteiligen. Wie bei den Planungen zum Spielplatz zwischen Großflecken und Klostergraben: da wurde der Kinder- und Jugendbeirat übergangen. Das ist nicht zu tolerieren, das darf nicht passieren! Und auch die Beteiligung der Stadtteilbeiräte muss mit allem Ernst sichergestellt werden.

Wir müssen mit den Anwohner*innen sprechen, die von Baumaßnahmen betroffen sind. Oberbürgermeister zu sein bedeutet nicht nur in seinem Amtszimmer zu sitzen, sondern dort hinzugehen, wo die Menschen leben und arbeiten, ihre Ideen, Sorgen und Nöte u.a. durch Sprechstunden in den Stadtteilen aufzunehmen und diese in die politische Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. Ein solcher Oberbürgermeister möchte ich für Neumünster sein.

Ja und auch über den letzten Teilsatz der Gemeindeordnung müssen wir sprechen:

Bereitgestellte Mittel: Ja, wir werden auch über Geld sprechen müssen. Dies alles erfolgt „im Rahmen der bereitgestellten Mittel.“ Neumünster hat tatsächlich einiges erreicht in den letzten Jahren zur Haushaltskonsolidierung. Aber Haushaltskonsolidierung ist kein Selbstzweck. Sie war und ist notwendig, um handlungsfähig zu bleiben. Aber der Oberbürgermeister ist nicht der Sparkommissar der Stadt. Er muss sich darum kümmern, dass Geld in diese Stadt fließt. Die Investitionen, die Neumünster benötigt, können nicht alle aus dem kommunalen Haushalt bestritten werden. Deshalb muss er sich darum kümmern, dass Fördermittel und Investitionen in die Stadt fließen. Vor drei Wochen hat das Bundesinnenministerium Förderbescheide für Projekte zu“ Smart City „vergeben. Es geht dabei um 820 Mio. EUR. 32 Projekte werden da gefördert. Auf der Liste befinden sich Lübeck und Kiel. Von diesem Geld fließt kein Euro nach Neumünster.
Wenn wir jetzt nicht aufpassen, fahren die Züge mit den Fördergeldern an Neumünster vorbei – und das werden wir bitter bereuen. Wohnen, Städtebau, Kunst und Kultur, Sport – die Investitionsoffensive von Bund und Land macht jetzt eine Menge möglich. Da muss man ran.

Also, ich übersetze die Aufgabe des Oberbürgermeisters für Neumünster wie folgt:

Ich übernehme die Verantwortung eine leistungsfähige Verwaltung zu schaffen und diese fachlich zu leiten.

Ich übernehme die Verantwortung, dass die Ziele und Grundsätze der Ratsversammlung, also auch die Beschlüsse der Ratsversammlung, konsequent umgesetzt werden.

Ich übernehme die Verantwortung, dass die Bevölkerung als Ganzes und die einzelnen Interessensgruppen in diese Entscheidungen zuverlässig mit eingebunden werden.

Ich übernehme die Verantwortung, dass Neumünster die finanziellen Chancen auch nutzt.

Das sind meine Kernaufgaben als Oberbürgermeister.

Es wird viel vom Potential von Neumünster gesprochen, der geographischen Lage, der Geschichte, der Infrastruktur. Das ist alles richtig. Aber das wirkliche Potential Neumünsters liegt woanders. Es liegt in den Menschen dieser Stadt. Ich spüre jeden Tag, mit jedem Gespräch, auf dem Wochenmarkt, bei Firmenbesuchen, in Telefonaten, wie den Menschen ihre Stadt am Herzen liegt. Das ist das eigentliche Potential dieser Stadt. Dieses Potential möchte ich nutzen.

Ich möchte mit den Neumünsteranerinnen und Neumünsteranern egal welcher Herkunft, welchen Alters, welcher demokratisch-politischer Meinung, eine Vision und Strategie entwickeln, wie wir ein modernes, nachhaltiges und liebenswertes Neumünster schaffen: Eine Stadt, in der wir alle miteinander gerne und gut leben. Ein Neumünster, auf das wir stolz sind. Deshalb möchte ich der nächste Oberbürgermeister werden. Deshalb bitte ich Euch, um Euer Vertrauen.

Tobias Bergmann