Tobias Bergmann: Vorstellung vor dem SPD-Kreisvorstand Neumünster

Vorstellungsrede am Donnerstag, 13.08.2020 um 18:30 Uhr im Holstenhallenrestaurant. Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

vielen Dank liebe Kirsten für die freundliche Einführung.

Vielen Dank an Euch, dass ich mich heute Abend bei Euch vorstellen darf.

Ich konnte ja lesen, dass Presse und Öffentlichkeit etwas gedrängelt haben, dass die SPD ihren Kandidaten vorstellt. Gut, dass die SPD Neumünster für die Kandidatenfindung einen wohl durchdachten Fahrplan hatte und auf Kurs geblieben ist. Mir hat das geholfen, denn um heute als potentieller Kandidat vor Euch zu stehen, musste ich einige berufliche Dinge vorab regeln. Denn wir werden in den nächsten Monaten viel Zeit und Energie in den Wahlkampf investieren. Und ich habe gehört, Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten können Wahlen in Neumünster gewinnen.

Ein solcher Wahlsieg bei der Oberbürgermeisterwahl im kommenden Jahr bedeutet für meine Frau und mich ein neues Leben und einen neuen Lebensmittelpunkt: Neumünster. Diese Entscheidung haben wir gut vorbereitet und ich stehe heute vor Euch und kann Euch versichern: ich will mit meinem ganzen Herzen und ganzen Verstand Euer Kandidat werden. Ich will mit Euch diese Wahl für Neumünster gewinnen.

Auf das Amt und den Wahlkampf fühle ich mich gut vorbereitet.

Ich komme aus einem sozialdemokratischen Elternhaus, mein Vater war Bürgermeister in einer niederbayerischen Marktgemeinde. Das ist eine Gegend, in der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Vergleich zu hier eher selten Wahlen gewinnen. Ich habe an unserem Küchentisch zuhause gelernt, was es bedeutet Bürgermeister zu sein. Man ist gefordert auf große gesellschaftliche Fragen konkrete lokale Antworten zu geben. Das war bereits in den 90ern der Bau eines Kindergartens oder die energetische Sanierung der Schule. Und es gilt unterschiedliche Orts- oder Stadtteile für die Menschen zu gestalten und daraus die eine selbstbewusste Stadt zu bilden. Aber auch für viele Alltagsfragen muss sich eine kommunale Mandatsträgerin oder kommunaler Mandatsträger verantwortlich fühlen. Das waren bei uns die Enten auf unserem Dorfteich. Mein Vater wurde sonntags alarmiert, wenn sie ausgebrochen sind. Neumünster ist eine Stadt, da gehe ich davon aus, dass ein Oberbürgermeister hier nicht wegen der Enten alarmiert wird. Hier gilt es wohl eher den Schwan zu hüten.

In meiner Jugend hatte ich auch einen ersten Kontakt zu der schleswig-holsteinischen SPD. Mein Vater bekam Wahlkampfhilfe des damaligen SPD-Parteivorsitzenden. Der Schleswig-Holsteiner Björn Engholm kam zur Unterstützung in unseren Markt, er trug sich in das goldene Buch der Gemeinde ein, bekam den Segen des örtlichen Abtes und hielt eine norddeutsche, charmante Wahlkampfrede vor dem Rathaus. Ich habe vor kurzen die alten Zeitungsartikel nochmal gelesen. Insbesondere die weibliche Wählerschaft stand nach diesem Besuch fast geschlossen hinter meinem Vater.

Ich hatte Pech und war an dem Tag leider nicht dabei. Denn ich war in Schleswig-Holstein. Genauer gesagt war ich auf Föhr. Ich war dort Betreuer auf einem Kinderferienlager der Falken.

Eine Küchentischausbildung in Kommunalpolitik ist sehr wertvoll, sie reicht allein jedoch nicht aus, um in einer Stadt wie Neumünster Oberbürgermeister zu sein.

Ich habe Volkswirtschaft an der Technischen Universität Dresden studiert. Ich habe mit diesem Studium gelernt, ökonomische Zusammenhänge zu verstehen und mit diesem Wissen, soziale Politik zu gestalten. Ein positiver Nebeneffekt eines solchen Wirtschaftsstudium ist es, dass man auch betriebswirtschaftliche Kompetenz aufbaut. Ich kann mit großen Zahlen umgehen und Bilanzen nicht nur lesen. Ich denke das sind zwingende Voraussetzungen für den Oberbürgermeister in Neumünster. Besonders bei einem knappen städtischen Haushalt, hier gilt es doch gerade mit der Ratsversammlung gemeinsam zu entscheiden, wie und wo für eine gute Entwicklung investiert werden muss.

Nach meinem Studium startete ich mein Berufsleben bei der Kommunalen Gemeinschaftsstelle, der KGSt, in Köln. Was der Deutsche Städtetag für die Kommunalpolitik ist, ist die KGSt für die Kommunalverwaltung. Unsere Aufgabe war es, aus manchmal staubigen Rathäusern Bürger*innenzentren zu machen. Unsere Aufgabe war es, eine „Organisationskultur“ zu schaffen, bei der die Menschen nicht als Bittsteller behandelt werden. Und es ging um eine Führungskultur die aus hierarchischen Amtsstuben eine leistungsstarke, kreative Verwaltung macht. Eine Verwaltung auf die man sich verlassen kann. Seit damals verbringe ich die meiste Zeit meines Berufsalltags in Rathäusern zwischen Frankfurt an der Oder und Düsseldorf.

Ich kenne die Gemeindeordnung und der gesetzliche Rahmen ist mir vertraut. Neumünster hat als kreisfreie Stadt mit den weisungsgebundenen Aufgaben geltendes Recht umzusetzen. Und da müssen die Behörden einfach gut und gerecht arbeiten. Und bei den Selbstverwaltungsaufgaben muss eine qualifizierte Stadtverwaltung gemeinsam mit und für die Selbstverwaltung arbeiten und handeln. In den Ausschüssen und besonders in der Ratsversammlung wird entschieden. Und Beschlüsse sind umzusetzen.

Jetzt will ich mich auf ein Rathaus konzentrieren und mit meinen Erfahrungen und meinem Wissen die Geschicke dieser Stadt gemeinsam mit Selbstverwaltung und Verwaltung lenken.

2000 kam ich in den Norden, nach Hamburg. Ich baute das deutsche Tochterunternehmen des dänischen Beratungskonzerns „Ramboll“ mit auf. Wir haben die Erfahrungen aus der Modernisierung der Verwaltung in Skandinavien für die deutschen Rathäuser und Ministerien nutzbar gemacht. Zuletzt war ich stellvertretender Geschäftsführer von Ramboll Deutschland mit über 80 Beschäftigten. Ramboll hat später für Torsten Albig den Landesentwicklungsplan für Schleswig-Holstein begleitet.

2009 gründete ich mit mehreren Kolleginnen und Kollegen ein eigenes Unternehmen. Ich war mittlerweile lange genug im Norden, deshalb nannten wir es Nordlicht. Kommunen, Landes- und Bundesverwaltungen waren weiterhin unsere Kunden, wir legten aber den Schwerpunkt auf Mitgliederorganisationen, wie die Gewerkschaften.

In diese Zeit fällt auch mein Engagement in der Hamburger Wirtschaftspolitik, ein etwas untypischer Ausflug. Ich wurde in der Handelskammer Hamburg aktiv. Ihr werdet Euch fragen: Warum engagiert sich jemand wie ich einer IHK. Als Unternehmer ist man in Deutschland Pflichtmitglied einer Industrie- und Handelskammer. Die IHK hat den gesetzlichen Auftrag, die Interessen der Unternehmer zu vertreten. Die Positionen der Handelskammer Hamburg waren aber damals meilenweit von meinen Interessen als Unternehmer entfernt.

So war und bin auch als Unternehmer für den Mindestlohn. Ich habe mich immer über Konkurrent*innen geärgert, die Mittels schlecht bezahlter Praktikant*innen, Preisdumping betrieben haben. Das habe ich in einer Abendveranstaltung einem Kammermitarbeiter deutlich gemacht. Mir wurde aber nicht zugehört und ich bekam neoliberale Erklärungen: Mindestlohn würde Arbeitsplätze vernichten. Da entschied ich mich, mich zu engagieren – und wenn ich mich engagiere, dann mache ich das ordentlich. 2017 gewann ein von mir gegründetes Bündnis die Kammerwahlen, wir gewannen 55 der 58 Sitze und ich wurde Präses der Handelskammer. Präses der Handelskammer bedeutet ein Ehrenamt was jedoch ein Vollzeitjob ist. Ich hatte meine Firma verkauft und wir lebten in dieser Zeit von den Ersparnissen.

Dieser Ausflug in die Welt der Kammer ist für mich ein Ausflug mit Licht und Schatten. Wir demokratisierten diese Organisation, wir stoppten die Verschwendung von Mitgliedsbeiträgen, setzten der Selbstbedienungsmentalität ein Ende, wir senkten für über 95 Prozent der Unternehmen die Beiträge. Aber es gab auch Schatten. Wir konnten unser Wahlziel, die Pflichtbeiträge abzuschaffen, nicht einlösen. Auch deshalb bin ich nach knapp zwei Jahren von dem Amt zurückgetreten.  Die Erfahrungen aus dieser Zeit haben mich vieles gelehrt. Auch dass ich zukünftig nur das verspreche, von dem ich weiß, dass es auch in meiner Möglichkeit ist, es umzusetzen. Und geblieben sind mir auch die vielen guten, vielfältigen Verbindungen in die Hamburger und norddeutsche Wirtschaft, die ich für eine gute und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung Neumünsters mitbringe.

Heute arbeite ich selbstständig als Programmleiter für das Land Berlin. Meine Aufgabe ist es, die Digitalisierung der Landesverwaltung voranzutreiben. Gerade die Corona-Pandemie zeigt, welche Bedeutung eine leistungsfähige IT-Infrastruktur der öffentlichen Verwaltung für die Beschäftigten und Bürger*innen hat. Und gerade meine ganz aktuellen Erkenntnisse und Erfahrungen will ich in Neumünster einbringen. Digitalisierung der Verwaltung zum Nutzen der Bürger*innen und der Mitarbeiter*innen in der Stadtverwaltung – das ist ein Ziel und ich weiß, dass ist machbar. Das macht die KFZ Zulassung schneller, die zügigen Baugenehmigungen möglich, Digitalisierung ist ein Muss bei der Bildung. Und mein Eindruck zur Situation in Neumünster ist: Da kann und muss viel mehr passieren, so wie ihr es schon seit Jahren fordert. Seit letzter Woche hat das Schuljahr in Schleswig-Holstein wieder begonnen. Ob die digitale Infrastruktur an den Neumünsteraner ausreichend ist darf bezweifelt werden Da muss mehr passieren. Und gerade in Neumünster mit seinen Stadtwerken kann da schnell mehr passieren

Wie Ihr aus meiner Biografie erkennen könnt, bin ich gut auf das Amt eines Oberbürgermeisters vorbereitet. Warum Neumünster werdet Ihr euch fragen.

Schon bevor ich mit der SPD Neumünster ins Gespräch kam, hatte Neumünster an meinem neuen Küchentisch in Hamburg einen sehr guten Ruf. Verantwortlich dafür ist meine Frau Nasanin. Nasanin war Journalistin im Iran. Wie Ihr euch vorstellen könnt, hat eine kritische Journalistin in der Islamischen Republik Iran keine sichere Zukunft. Deshalb flüchtete Nasanin vor acht Jahren aus ihrer Heimat nach Deutschland. Sie kam in einer Nacht im Herbst am Bahnhof in Neumünster an: Alleine, als Frau, ohne die Sprache zu sprechen, mit Gepäck und nur einer Adresse in der Tasche: Der Erstaufnahme in der Scholtz-Kaserne am Haart. Deshalb sprach sie am Bahnhof den ersten Neumünsteraner der ihr begegnete, hilfesuchend an. Dieser unbekannte Neumünsteraner zeigte Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe und Solidarität. Er zeigte ihr nicht nur den Weg, er brachte Nasanin mit seinem Auto zu ihrer Unterkunft, und wartete dort solange, bis er wusste, dass sie sicher aufgenommen wurde. Dafür sind wir Neumünster auch nach acht Jahren noch immer dankbar. Und vielleicht haben wir ja die Gelegenheit, diesen Menschen wiederzutreffen und uns nochmal persönlich zu bedanken.

Ich bin von Euch als SPD Neumünster auch inhaltlich überzeugt.

Ihr habt 2018 ein umfassendes Kommunalwahlprogramm vorgelegt. Ihr habt es unter das Motto: „Neumünster – neue Horizonte: Zusammen. Sicher. Vorwärts.“ gestellt. Ihr habt dort sehr deutlich beschrieben, welche Ziele Ihr Euch in den kommenden Jahren gebt. Dieses Wahlprogramm hat mich überzeugt. Für eine SPD, die sich ein solches Wahlprogramm gibt, will ich kandidieren. Und im Falle meiner Wahl will ich mithelfen, dieses Wahlprogramm Realität werden zu lassen.

Wir werden gemeinsam auch ein eigenes OB Wahlprogramm vorstellen. Wir werden das in den kommenden Monaten zusammen tun, wir werden die Schwerpunkte auf Basis dieses Wahlprogramms und der aktuellen Entwicklungen festlegen.

Ihr bringt dafür das Wissen über die Stadt und die Menschen mit. Als SPD Neumünster kennt ihr diese Stadt über 150 Jahre. Ihr lebt in den Stadtteilen, eure Ortsvereine wissen, wie es vor Ort ist, was die Menschen wollen, eure Mitglieder in der Stadtteilbeiräten wissen, wo es hakt. Eure Mitglieder der Ratsversammlung sind auf der Höhe der aktuellen Entwicklung, sie kennen die Verwaltung.

Ich bringe einen Blick von außen mit. Ich habe in den vergangenen Monaten Neumünster fast wöchentlich besucht. Und ich habe eine Stadt kennengelernt, die lebendig ist, die Lebensqualität bietet und die vor Herausforderungen steht. Diese Stadt hat Potential, hat alle Möglichkeiten. Neumünster ist eine Stadt mit einer vitalen Zivilgesellschaft, mit aktiven Vereinen und Verbänden, mit großartigem ehrenamtlichem Engagement. Für und in einer solche Stadt möchte ich arbeiten.

Ich habe aber auch eine Stadt kennengelernt, die oft mit sich hadert. Eine Stadt, die ihr Potential nicht oder nur unzureichend erschließt. Es wird in Zukunft nicht ausreichen, sich nur auf seine geographische Lage in der Mitte Schleswig-Holsteins zu verlassen. Es wird nicht ausreichend sein, diese Stadt zu verwalten. Lasst uns all die Möglichkeiten, die Neumünster hat, mit Zuversicht ergreifen.

Lasst uns das immer gemeinsam mit den Menschen in dieser Stadt tun. Egal ob hier geboren oder woanders in der Welt, egal aus welcher Generation, egal mit welcher Bildung oder mit welchem Einkommen, alle machen sich Gedanken um unsere Zukunft. Gerade aus unseren aktuellen Erfahrungen in der Corona Pandemie – und wir wissen noch nicht wohin die Reise geht – müssen wir gemeinsam lernen und die richtigen Schlüsse ziehen.

Im Wissen um die Herausforderungen, die Wirklichkeit und die Potentiale Neumünsters im Blick möchte ich als Oberbürgermeister mit Euch, Neumünster nach vorne bringen – mit Gestaltungswillen und Entscheidungskraft. Dafür bitte ich um Euer Vertrauen in meine Kandidatur.

Tobias Bergmann